Georg Christoph Lichtenberg

Georg Christoph Lichtenberg (* 1. Juli 1742 in Ober-Ramstadt bei Darmstadt; † 24. Februar 1799 in Göttingen) war ein deutscher Schriftsteller und der erste deutsche Professor für Experimentalphysik.

Lichtenberg war das 17. und jüngste Kind des protestantischen Pfarrers Johann Christoph Lichtenberg. Der Sohn litt sein ganzes Leben an einer zunehmenden Kyphoskoliose (Wirbelsäulenverkrümmung), die nicht nur zu einem ausgeprägten Buckel und geringer Körpergröße führte, sondern auch das Atmen immer mehr erschwerte.
Seine körperliche Behinderung und seine ständige Anfälligkeit für Krankheiten machten ihn in außergewöhnlichem Maße empfindsam. Seine Beobachtungsgabe richtete er nicht nur auf naturwissenschaftliche Erscheinungen, sondern auch auf die Umwelt und seine Mitmenschen.

Lichtenberg befasste sich mit naturwissenschaftlichen Themen auf breiter Ebene, unter anderem mit der Geodäsie, Meteorologie, Astronomie und Chemie. Als Lehrender war er wegweisend: er hielt nicht trockene Vorlesungen im Stil der Zeit ab, sondern würzte sie mit praktischen Vorführungen.

Über seine naturwissenschaftlichen Entdeckungen hinaus ist Georg Christoph Lichtenberg durch seine von Autoritäten unabhängige, kritisch-analytische Denkweise und die Betonung des Experiments in der Physik einer der wichtigsten Begründer der modernen naturwissenschaftlichen Methodik.

Über viele Jahre hat Lichtenberg ab 1764 in Schreibheften, von ihm selbstironisch Sudelbücher genannt, in aphoristischer Form unzählige Gedankensplitter (spontane Einfälle, Lesefrüchte und naturwissenschaftliche Feststellungen) notiert, die postum veröffentlicht wurden. Sie belegen in besonderer Weise seine Fähigkeit zur skeptischen Beobachtung und ironischen Formulierung.

Aus den Sudelbüchern

Ein Buch ist ein Spiegel, wenn ein Affe hineinsieht, so kann kein Apostel herausgucken.

Jeder Fehler erscheint unglaublich dumm, wenn andre ihn begehen.

Es ist fast unmöglich, die Fackel der Wahrheit durch ein Gedränge zu tragen, ohne jemandem den Bart zu versengen.

Um sicher Recht zu tun, braucht man sehr wenig vom Recht zu wissen. Allein um sicher Unrecht zu tun, muss man die Rechte studiert haben.

Vom Wahrsagen lässt sich wohl leben, aber nicht vom Wahrheit sagen.

Die Leute, die niemals Zeit haben, tun am wenigsten.

Dass in den Kirchen gepredigt wird, macht deswegen die Blitzableiter auf ihnen nicht unnötig.

Widerwärtigkeiten sind Pillen, die man schlucken muss und nicht kauen.

Wer sich selbst recht kennt, kann sehr bald alle anderen Menschen kennenlernen.

Es gibt Leute, die gut zahlen, die schlecht zahlen, Leute, die prompt zahlen, die nie zahlen, Leute, die schleppend zahlen, die bar zahlen, abzahlen, draufzahlen, heimzahlen – nur Leute, die gern zahlen, die gibt es nicht.

Wenn man Mitleid fühlt, so fragt man nicht erst andere Leute, ob man es fühlen soll.

Ich kann freilich nicht sagen, ob es besser werden wird, wenn es anders wird; aber so viel kann ich sagen: es muss anders werden, wenn es gut werden soll.

Wie geht’s, sagte ein Blinder zu einem Lahmen. Wie Sie sehen, antwortete der Lahme.

Der Mensch kommt unter allen Tieren in der Welt dem Affen am nächsten.

Man sollte nie so viel zu tun haben, dass man zum Nachdenken keine Zeit mehr hat.

Wer einen Engel sucht und nur auf die Flügel schaut, könnte eine Gans nach Hause bringen.

Der Amerikaner, der den Kolumbus zuerst entdeckte, machte eine böse Entdeckung.

Es gibt Leute, die glauben, alles wäre vernünftig, was man mit einem ernsthaften Gesicht tut.

Nichts kann mehr zu einer Seelenruhe beitragen, als wenn man gar keine Meinung hat.

Der Mann hatte so viel Verstand, dass er fast zu nichts mehr in der Welt zu gebrauchen war.

Lichtenberg unterhielt über seine private Korrespondenz hinaus viele Jahre gute Beziehungen zu zeitgenössischen, aufklärerischen Kulturzeitschriften, in denen er Essays beitrug zu Debatten über Alles, was diesem universell interessierten Geist in den Sinn kam, unter anderem Physiognomik, Sonnenbaden, Kunst- und Theatergeschehen.